Samstag, 11. April 2009

Tagebucheintrag April 2062 - irgendwo in Afrika

Langsam schlichen wir uns an. Wir hatten den Wagen sofort abgestellt, als wir den Rauch bemerkten und die ersten MG-Salven hörten. Ich ging rechts und mein Chummer Brannigan schlich sich von links an. Immer noch dröhnten die Salven der Sturmgewehre. Menschen schrien. Ich wusste, das in jeder Sekunde weitere Menschen erschossen wurden, aber voreilig handeln wäre unklug gewesen. Im Schutz des hohen Grases gelang es sogar mir unentdeckt zu bleiben. Brannigan hatte einen erledigt, ich sah einen der Typen fallen. Anscheinend wollte er gerade pissen gehen.

Vor mir tauchte das Szenario auf: Ein brennender Bus, drei Soldaten, die wahllos in die Menge schossen. Ein Typ stand mit einem Stand-MG auf einem der Army-Jeeps rum. Zeit, meine Deckung zu verlassen. Ich sprang auf den Jeep, er wackelte unter meinem immensen Gewicht. Der Typ kam ins Schleudern und ich konnte ihn packen und hinter mich schleudern. Es gab einen dumpfen Knall, wie wenn man eine Kokosnus aufschlägt, als sein Schädel aufschlug. Schnell ging ich ans MG. "Scheiße, wie bedient man das Drecksding", schoß es mir durch den Kopf. Zum Glück war Brannigan bereit, zwei saubere Kopfschüsse. Blieb noch einer. Aha, da ist der Abzug, eine Salve erreichte seinen Körper, er explodierte geradezu in einem Meer aus Gedärmen und Blut.

"So, das hätten wir", wollte ich gerade sagen, als mein Chummer zwei Finger in die Luft hob und hektisch auf den brennenden Bus zeigte. "Was fuchtelt der Typ da rum?", doch dann sah ich es. Ich konnte gerade noch der Kugel ausweichen. Brannigan kümmerte sich um den Dreckskerl. Also noch einer, ich schlich um den Bus. Ein seltsamer Brandgeruch, irgendwie roch es nach gebratenem Fleisch. Die Rebellen haben wohl einige der Leute bei lebendigem Leib verbrennen lassen. Jede Hilfe kam für sie zu spät. Mir wurde schwindlig vom Rauch, aber ich ging weiter. Da war er, gerade dabei die Hose runterzulassen, vor ihm eine schreiende Frau. Ich schlich mich an, umfasste seinen Kopf und drückte gleichzeitig mit meinen Händen in verschiedene Richtungen. Ein knackendes Geräusch und die Frau brauchte sich keine Sorgen mehr zu machen. Wer war das...?

Als Brannigan zu mir kam, konnte ich es immer noch nicht fassen. Ein Kind, nicht älter als 12 Jahre. Verdammte Scheiße, natürlich hatte ich davon gehört, Kindersoldaten. In Seattle gabs auch Gangmitglieder, die auch in dem Alter waren. Ein paar Ohrfeigen und sie lassen dich in Ruhe. Aber mit Sturmgewehren? Scheiße, was für ein Land. Was mache ich nur hier?

Als wir zu den Überlebenden kamen begann Brannigan natürlich die Soldaten zu durchsuchen. Ich habe aus dem Augenwinkeln sehen können, wie er ein paar Nuyen einsteckte. Manchmal denke ich, ihm gehts nur ums Geld. Ich kümmerte mich erstmal um die restlichen Leute. Fünf Mann hatten überlebt, der Bus war wahrscheinlich vollbeladen gewesen. Arme Menschen, gerade auf ihrem Heimweg vom Job, ab in ihr kleines, ärmliches Dorf oder die nächste größer gelegene Stadt. Einer der Typen konnte wenigstens den Bus, den die Rebellen uns "netterweise" überließen, lenken. Wir machten uns auf den Weg zu unserem Camp. Während der ganzen Fahrt ging mir das unschuldige Gesicht des doch so schuldigen Jungen nicht mehr aus dem Kopf. Ich werde mich wohl lange mit meinem Priester unterhalten müssen.

Was wir soweit von Seattle entfernt machen? Mr. Johnson gab uns den Auftrag seine verzogene Göre zu finden. Verschwunden irgendwo in diesem zerrissenen Land, entführt von einem der zahllosen Warlords, die diese Gebiete hier beherrschen oder beherrschen wollen. Tja, ihre journalistischen Ambitionen konnte sie wohl erstmal vergessen. Kann nur noch hoffen, dass wir sie finden werden.